Dr. med. vet. Richard Gerdemann
Dr. med. vet. Richard Gerdemann
Tierarzt

Große Strongyliden (Strongylus vulgaris, Strongylus equinus, Strongylus edentatus)

zurück zur Übersicht 'Endoparasiten'

 

Von den Großen Strongyliden ist der Blutwurm (Strongylus vulgaris) am gefährlichsten ("Horse killer").

Aussehen
1,7 bis 2,5 cm lange, rotbraune Rundwürmer mit becherförmiger Mundkapsel, die mit 2 abgerundeten Zähnen ausgestattet ist.

Sitz
Erwachsene Würmer: In Blind- und Dickdarm. Larven: In den Gefäßwänden der Darmarterien

 

Krankheitsbild und Schadwirkung
Der Blutwurm ist einer der gefährlichsten Parasiten des Pferdes. Die größte Schadwirkung wird durch die Körperwanderung der Wurmlarven verursacht. Diese werden über das Futter aufgenommen. Beim Durchbohren der Schleimhaut des Blind- und Dickdarms rufen sie Schleimhautblutungen hervor. Die Larven wandern in kleine Arterien ein und gelangen schließlich zur vorderen Gekrösearterie. Die durchwanderten Gefäße reagieren auf die Larven mit Entzündungen der Gefäßauskleidung. Dies kann zur Bildung von Blutgerinnseln (Thromben), vorwiegend im Bereich der vorderen Gekrösearterie, führen. Kommt es durch den Thrombus zur Gefäßverlegung, können Koliken die Folge sein. Jedoch sind auch andere Stellen, wo die großen Arterien aus der Hauptschlagader abzweigen, betroffen (Hintergliedmaßen). Dadurch können Lahmheiten hervorgerufen werden.

 

 

 

 

 

Die im Gefäß wandernden Larven können zudem unterschiedlich stark ausgeprägte Ausweitungen der Blutgefäße (Aneurysmen) verursachen, die platzen können. Mit Blutwürmern befallene Pferde haben meist Fieber, zeigen verringerten Appetit und struppiges Haarkleid. Strongylus equinus-Larven wandern vom Darm in die Leber und kehren nach einigen Wochen in den Darm zurück, wo sie ihre weitere Entwicklung abschließen. Auch Strongylus edentatus-Larven wandern aus dem Darm in die Leber aus. Über die Leberbänder und das Bauchfell wandern sie zur weiteren Entwicklung in den Darm zurück. Durch die Wanderung der Larven entstehen Leberschäden, die als bindegewebige Narben ausheilen. 

 

 

Ansteckung
Auf der Weide werden ansteckungsfähige Larven mit dem Gras aufgenommen. Da die Larven im Feuchtigkeitsfilm an den Grashalmen emporwandern, sind Pferde besonders in den feuchten Morgen- und Abendstunden gefährdet. Bei Trockenheit und intensiver Sonneneinstrahlung ziehen sich die Larven in die Grasnarbe zurück. Larven können auf der Weide überwintern, so dass bereits zu Beginn der Weidesaison im nächsten Frühjahr die Weide kontaminiert ist. Gefährdet sind besonders Fohlen, die sich während der ersten Weideperiode infizieren. Pferde in Stallhaltung können sich über Grünfutter von kontaminierten Weiden oder aber durch die Futteraufnahme vom verschmutzten Boden anstecken. Daneben besteht eine Ansteckungsgefahr auch durch das Belecken der Boxeneinrichtungen und der -wände, an denen die Larven emporwandern können.

 

 

Entwicklungszyklus

Im Darm legen die geschlechtsreifen weiblichen Würmer Eier ab, die mit dem Kot ausgeschieden werden.

Innerhalb von 5-8 Tagen entwickeln sich daraus ansteckungsfähige Larven, die den Kot verlassen und mit dem Futter aufgenommen werden.

Sie gelangen in den Darm, dringen in die Blind- oder Dickdarmschleimhaut ein und von dort in kleine Arterien. In den Gefäßwänden dieser Arterien bewegen sie sich entgegen der Fließrichtung des Blutes zur vorderen Gekrösearterie.

Von dort können sie in andere Arterien und in die Aorta gelangen. Dabei entstehen durch Verletzungen der Gefäßauskleidung Thromben und Gefäßausweitungen.

Schließlich wandern sie wieder zurück in die Arterien der Darmwand und dringen nach einiger Zeit im Bereich von Blind- und Dickdarm in das Darminnere ein, wo sie sich als geschlechtsreife Würmer ansiedeln. Nach erfolgter Paarung beginnen die Weibchen mit der Eiablage.

Die Entwicklung vom Ei bis zum geschlechtsreifen Wurm dauert ca. 7 Monate.

Erkennung
Das Auftreten von Fieber, Appetitlosigkeit, Entwicklungsstörungen, struppigem Haarkleid und Koliken deutet auf eine Infektion mit Strongylus vulgaris hin. Der Nachweis eines Befalls mit eierlegenden Stadien kann durch die Kotuntersuchung mit anschließender Larvendiagnostik geführt werden. Wanderlarven sind mit einer Kotuntersuchung nicht nachweisbar.

Bekämpfung
Neben regelmäßigen Wurmkuren sind hygienische Maßnahmen im Stall und auf der Weide notwendig, um die Infektionsmöglichkeiten einzuschränken. Im Stall sollten täglich der Kot entfernt, die Wände trockengehalten sowie Bodenfütterung vermieden werden. Während der Weideperiode sind regelmäßiger Koppelwechsel, verbunden mit Zwischenmahd, wechselndes Beweiden durch Rinder und Schafe, Trockenlegen sumpfiger Stellen und das Anbieten künstlicher Tränken wirksame Maßnahmen.

 

Text und Fotos mit freundlicher Genehmigung von Merial GmbH, D-85399 Hallbergmoos