Dr. med. vet. Richard Gerdemann
Dr. med. vet. Richard Gerdemann
Tierarzt

Die Euthanasie, eine schwierige Entscheidung

Informationen für Pferdebesitzer
Die Entscheidung zur Euthanasie (oder des schmerzlosen Todes) eines Tieres sollte immer mit Bedacht gefällt werden. Es kann die Zeit kommen, in der man aus tierschützerischen, medizinischen oder auch Sicherheitsgründen in Erwägung ziehen muss, sich auf diese Weise von seinem Tier zu trennen. Die richtige Wahl ist unmissverständlich diejenige, die im besten Interesse des Pferdes steht.

Schätzen Sie die Situation ein
Es gibt eine vielfältige Palette an Gründen, bei welchen eine Euthanasie in Betracht gezogen werden sollte. Einige der häufigsten sind:

  • unheilbare, fortschreitende Erkrankungen

  • unheilbare, übertragbare Infektionskrankheiten

  • chronische, nicht therapierbare Lahmheiten

  • inoperable Koliken

  • neugeborene Fohlen mit erheblichen Missbildungen

  • Schwäche im hohen Alter

  • umfangreiche traumatische Verletzungen

  • gefährliche Verhaltensäußerungen

  • übermäßig hohe finanzielle Belastung für eine Therapie, die keine ausreichende Prognose bietet

  • übermäßiges Leiden jeglicher Art

Jeder Fall ist in sich einmalig. Sogar in vergleichbaren Situationen mit ähnlicher Diagnose ist die Entscheidung für oder gegen eine Euthanasie äußerst individuell.

Die Euthanasie ist ein höchst emotionales Ereignis. Es ist daher wichtig, dass Sie die Situation auch mit Ihrem Tierarzt ausführlich besprechen. Folgende Fragen werden Ihnen helfen, die richtige Entscheidung für Sie und Ihr Pferd zu fällen, egal ob es sich um einen Unfall oder um eine chronische, unheilbare Erkrankung handelt. Lassen Sie sich von Ihrem Tierarzt helfen!

Folgende Fragen müssen beantwortet werden:

  • Wie lautet die Prognose für eine Genesung oder zumindest eine akzeptable Rückkehr in das Alltagsleben?

  • Leidet das Tier?

  • Ist das Pferd physisch und psychisch beeinträchtigt oder zeigt es Interesse und Lebenswillen?

  • Welche spezielle Pflege wird das Pferd benötigen? Wie werden Sie diesen Bedürfnissen gerecht?

  • Können Sie es sich leisten, das Pferd weiter zu versorgen?

  •  Was sind die Alternativen?

Die Tierarzt – Besitzer(in) - Beziehung

Als Pferdebesitzer(in) haben Sie die Verantwortung, das Schicksal Ihres Tieres zu bestimmen. Ihr Tierarzt kann Ihnen lediglich die medizinischen Informationen über das zugrunde liegende Leiden näher bringen und Ihnen helfen, die Prognose Ihres Pferdes besser einzuschätzen. Er kann mit Ihnen auch das Vorgehen erörtern, Trost spenden und Hilfe anbieten. Ihr Tierarzt kann ihnen jedoch nicht Ihre Entscheidung für oder wider eine Euthanasie abnehmen.

Aus diesem Grund müssen SIE zu einer Entscheidung finden, die Sie als die Richtige für sich und insbesondere Ihr Pferd einschätzen.

Nur in extremen Notfallsituationen entscheidet der Tierarzt zum Besten des Tieres ohne sich mit dem Besitzer zu beraten. Ein Beispiel hierfür ist der Ausbruch eines Pferdes auf eine Schnellstrasse mit Unfallfolge. Ein Tierarzt könnte sich entscheiden, unter Benachrichtigung der örtlichen Behörden ein schwer verletztes Pferd zu euthanasieren, um dessen Leiden zu beenden. Aber solche Fälle sind glücklicherweise selten.

Beachten Sie, dass der Tierarzt nach seinem medizinischen Sachverstand handeln muss. Ein Tierarzt könnte also eine Euthanasie ablehnen, falls ihm diese unnötig oder ungerechtfertigt erscheint. Ebenso ist es dem Tierarzt möglich einzuschreiten, falls ein Besitzer das Leiden oder Sterben seines Pferdes unnötig verlängert.

Planung und Vorbereitung

Wenn Sie und ihr Tierarzt sich schließlich auf eine Euthanasie als die beste Wahl verständigt haben, ist es wichtig, dass Sie sich so gut es geht vorbereiten. Wenn Sie sich im Voraus auf die Entscheidung einstellen, können Sie natürlich bessere Vorbereitungen treffen als in der Notfallsituation. Die folgenden Tipps können ihnen helfen:

  •  Legen Sie fest, wann und wo es für Sie, den Tierarzt und das Pferd am besten passt. Bedenken Sie dabei, dass auch der Abtransport des euthanasierten Pferdes sichergestellt und so einfach wie möglich sein sollte.

  • Falls Sie Ihr Pferd in einem Fremdstall eingestellt haben, unterrichten Sie bitte den Stallbesitzer über die Euthanasie.

  • Entscheiden Sie, ob Sie während der Euthanasie anwesend sein wollen. Nur Sie wissen, was für Sie richtig oder falsch ist.

  • Bitte haben Sie Verständnis, dass ihr Tierarzt aus Sicherheitsgründen nicht zulassen wird, dass Sie während des Ablegevorgangs in der Nähe Ihres Pferdes stehen.

  • Diskutieren Sie den Vorgang im Vorhinein um zu wissen, was Sie und Ihr Pferd erwartet.

  • Treffen Sie Vorkehrungen für den zügigen Abtransport und die Beseitigung des Tierkörpers. Holen Sie Erkundigungen bei ihrem Tierarzt ein.

  • Erklären Sie Ihren Familienmitgliedern, besonders Kindern, warum Ihre Entscheidung für eine Euthanasie gefallen ist.

  • Erlauben Sie sich zu trauern. Indem Sie mit einer verständnisvollen Person darüber sprechen können Sie Ihren Verlust besser verarbeiten.

  • Wenn Ihr Pferd versichert ist, verständigen Sie bitte ihre Versicherungsgesellschaft vor dem Euthanasietermin um unnötige Probleme hinsichtlich der Ansprüche zu vermeiden.

Ein stressfreies Ende

Als besorgter Tierbesitzer wollen Sie natürlich auch ein stressfreies und schmerzloses Ende. In der Regel wird Ihr Tierarzt Medikamente in einer Dosis verabreichen, die ausreicht, das Zentrale Nervensystem dauerhaft auszuschalten. Die Applikation führt danach zum Herzstillstand und das Pferd wird aufhören zu atmen. Das Medikament wirkt schnell und effizient. Natürlich reagiert nicht jedes Pferd in exakt der gleichen Art und Weise. Wenn Sie sich also entschieden haben, während der letzten Injektion bei Ihrem Pferd zu sein, seien Sie bitte darauf gefasst dass Ihr Tier schnell niederfallen kann oder noch tiefe Atemzüge möglich sind. Auch Zuck- und Ruderbewegungen kommen gelegentlich vor, bevor das Pferd endgültig einschläft.

Im Versicherungsfall

Wenn Ihr Pferd versichert ist, machen Sie sich mit den Vertragskonditionen Ihrer Police vertraut bevor Sie handeln. Die meisten Versicherungsgesellschaften verlangen eine vollständige Information über den Beginn und Verlauf des medizinischen Zustandes des Pferdes, besonders wenn der Tod oder eine Euthanasie in Betracht kommt. Auch im Falle eines Notfalls sollte ein vernünftiger Versuch unternommen werden die Gesellschaft zu benachrichtigen. Dies ist die alleinige Aufgabe des Tierhalters, nicht des Tierarztes. Abgesehen davon liegt es in der Besonnenheit und Verantwortung des Besitzers und des Tierarztes, im Interesse des Pferdes zu handeln.

Richtlinien für den Tierarzt

Der Tierarzt wird sich die Entscheidung ebenfalls nicht leicht machen. Über einige Dinge wird er sich Gedanken machen. Diese beziehen sich auf alle Pferde, unabhängig von ihrem finanziellen Wert, und zielen darauf ab, unheilbares und übermäßiges Leiden zu vermeiden und zu beenden

Denken Sie im Voraus

Wie jedes Geschöpf, so wird auch Ihr Pferd nicht ewig leben. Wenn Ihr Pferd gesund und glücklich bleibt bis in das hohe Alter und einen natürlichen Tod stirbt, sollten Sie zufrieden und dankbar sein. Indem Sie sich immer wieder fragen, was Sie im Falle eines Unfalls täten, oder wie Sie handeln wenn das Pferd schließlich leidet, können Sie sich am besten vorbereiten. Letztendlich zeigen Sie den gebührenden Respekt gegenüber Ihrem Pferd, indem Iie ihm unheilbares Leiden und Schmerzen ersparen.